„Es gibt keine Kultur, die einer anderen überlegen ist, es gibt auch keine Hautfarbe, die schöner ist als eine andere“.

Am Donnerstag, 27. Januar nahmen die Auszubildenden der Klassen PMT 21 (Packmitteltechnolog*Innen sowie Maschinen- und Anlagenfüher*Innen Papier- und Druckweiterverarbeitung) und SHK 21 (Anlagenmechaniker*Innen Sanitär-Heizung-Klima) online an der zentralen Gedenksitzung des Landes Rheinland-Pfalz teil. Die Veranstaltung mit Landtagspräsident Hendrik Hering, Ministerpräsidentin Malu Dreyer und geladenen Gästen wurde live aus dem Mainzer Landtag gestreamt.

Im Mittelpunkt stand der Zeitzeugenbericht der französischen Anthropologin Monique Levi-Strauss. 1926 als Monique Roman in Belgien geboren, wohnt sie heute in Paris. Als jüdische Jugendliche lebte Monique im Alter von 13 bis 19 Jahren in Nazi-Deutschland.

Gebannt hörten die Abgeordneten der 95 Jahre alten Dame zu, die dafür trotz der Corona-Pandemie von Paris nach Mainz kam. Eingerahmt wurde das Gedenken mit Liedern, die von der israelischen Mezzosopranistin Shai Terry vorgetragen wurden.

In der Bundesrepublik habe es mehr als drei Jahrzehnte gedauert, „das eiserne Band des Schweigens über die deutsche Schuld aufzubrechen“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Heute verbinde sich der 27. Januar als Gedenktag mit dem Bekenntnis: „Wir wollen wissen und wir wollen erinnern.“ Damit das Gedenken nicht zu einem Ritual werde, müssten sich die Formen der Erinnerung weiterentwickeln und auf Fragen der jungen Generation eingehen.

Dies tat Monique Lévi-Strauss mit Antworten auf Fragen von Abiturient*Innen des Regino-Gymnasiums in Prüm, die in einem kurzen Film an sie gestellt wurden. Dort bestand die damals junge Frau zusammen mit sieben weiteren Schülerinnen ihre Abiturprüfung – die jungen Männer waren alle im Krieg.

„Der Deutsch-Lehrer weinte oft während des Unterrichts“, berichtete Monique Lévi-Strauss. Der Bewunderer Goethes sei ebenso wie der Mathematik-Lehrer nach Prüm strafversetzt worden, möglicherweise aus politischen Gründen.

Später half sie als Praktikantin im Krankenhaus in Weimar und erlebte, wie Hunderten französischen Häftlingen des Konzentrationslagers Buchenwald die lebensrettende medizinische Versorgung verweigert wurde. Währenddessen wartete Moniques Familie, versteckt in den Weinbergen bei Bingen, auf die Befreiung durch die Alliierten.

Monique Lévi-Strauss hat ihre Erinnerungen in einem Buch festgehalten, das im vergangenen Jahr unter dem Titel „Im Rachen des Wolfes“ auch auf Deutsch erschienen ist. Die Jahre in Deutschland, so schloss die Zeitzeugin im Mainzer Landtag, hätten sie gelehrt, „dass man andere Kulturen und andere Religionen respektieren muss – es gibt keine Kultur, die einer anderen überlegen ist, es gibt auch keine Hautfarbe, die schöner ist als eine andere“.

Holocaust-Gedenktag
Am 27. Januar 1945 befreiten Soldaten der Roten Armee das Konzentrationslager Auschwitz. 1996 erklärte der damalige Bundespräsident Roman Herzog den 27. Januar als „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“. 2005 wurde der 27. Januar von den Vereinten Nationen zum „Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust“ erklärt.

Rede von Lévy-Strauss zum Holocaust-Gedenktag 2022